Sonntag, 2. Oktober 2011

Samstag, 24. Juli 2010

Fazit

Wir sind nun wieder einen Monat in Deutschland. Die Erinnerung an das Erlebte bleibt, vermischt sich aber mit neuen Versionen bekannter Eindrücke. Die Amerikaner halten Deutschland für ein sehr sauberes und ordentliches Land. Sie haben recht damit. Deutschland ist darüber hinaus geschichtlich, architektonisch, kulturell vielschichtig und viel dichter als das in den Vereinigten Staaten der Fall ist. Deutschland ist auch dichter besiedelt und daher fast notwendigerweise feiner reguliert. Ein Wald von Schildern ordnet den Straßenverkehr, Verbote und Gebote auch sonst überall: "Das Tor geschlossen halten", "hier keine Werbung einwerfen", "Ballspiele nicht gestattet" und mein Liebling: "Garagenanlage, Licht und offenes Feuer polizeilich verboten". Ohne Paddelbesitzkarte wird das hier nichts mit der Kanutour, sofern natürlich das Befahren der Wasserfläche überhaupt ausdrücklich und grundsätzlich erlaubt ist. Die Deutschen glauben an ihren Staat und der Staat sorgt sich um seine unselbständigen Kinderchen. Er mischt sich dafür in alles ein, Ordnungsamt, Arbeitsamt, Finanzamt, Sozialversicherungsträger und Krankenkasse wollen wissen, wo ich war, wie lange und warum. Fünf Monate ohne Sozialversicherung? Die Beamtin sieht mich an wie einen verwegenen Abenteurer. Dagegen sind viele Amerikaner noch nichteinmal sicher, ob die Pflicht zur Krankenversicherung eine gute Sache ist.
Gibt es einen "Reverse Culture Shock"? Schon. Nach dem Essen dauert es Jahrhunderte, bis die Rechnung kommt und der Zahlungsvorgang wird vom Ober überwacht, wer zahlt wie viel? Gibt es vielleicht sogar Streit? Es wird öffentlich gesoffen, Bierflaschen im Park, betrunkene Jugendliche in der Straßenbahn. Es wird viel geraucht. Einkaufen geht wortlos, eintüten muss jeder selbst - Jonglage mit Lebensmitteln und Portemonnaie. Rempeleien werden ignoriert, Raserei und albernes Gehupe sind im Straßenverkehr vollkommen normal, jeder Deutsche ist ein weit überdurchschnittlicher Autofahrer. Fremde zu grüßen ist eher verdächtig denn freundlich, obschon natürlich die Nachbarn inzwischen verhalten zurückgrüßen. Das bedeutet natürlich nicht, dass es nicht klare Ansagen gibt, wenn das Törchen im Jägerzaun nicht korrekt geschlossen wird.
Haben die Deutschen Freude an ihrem Leben? Ich glaube schon, sie zeigen es nur nicht. Die meisten Kassierer bekommt man zu etwas Smalltalk bewegt, nur nicht lockerlassen.

Wie ist nun die Situation? Wir haben kein Zuhause, der Mietvertrag unserer möblierten Wohnung läuft zum Monatsende aus. Unser Hausrat ist Eingelagert und wir leben aus zwei Koffern. Das ist nicht optimal, vielleicht sogar gelegentlich belastend. Andererseits ist es aber auch (fast) das einzige und dazu noch ein überschaubares Problem.

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Und irgendwann endet sie auch. Diese Reise ist wohl hier erstmal zu Ende. Und obwohl wir letztes Jahr viel Sicherheit aufgegeben haben, sind wir heute wieder etwa da. Ich bin also kaum in der Position zu bewerten, was wir aufzugeben glaubten. Ich bin aber in der Position zu beurteilen, was wir dafür bekommen haben. Ich kann daher sehr sicher sagen, dass sich dieser Schritt viel mehr lohnt, als ich das damals glaubte. Selbst vollkommen losgelöst von Ergebnissen und Folgen bin ich überzeugt von der Idee, mit dem Anfangen nicht aufzuhören. Damit geht es nicht nur schon los sondern auch erst los. Hermann Hesse hat geschrieben:

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Und genau so ist es.

Dienstag, 22. Juni 2010

Ende, Fazit und Ausblick

Here be Dragons

(to be discovered)

Montag, 21. Juni 2010

Die letzten Tage in San Francisco

Wir sind in Santa Cruz angekommen und wohnen hier bei Freunden. Am Freitag Abend war unsere Rundreise zu Ende, wir waren ziemlich erschöpft und haben den Samstag langsam angehen lassen.

Sonntag:

Wir sind mit Feuerwehrmann M. zum Brunchen verabredet. Die schwächelnde Wirtschaft hat ihn eingeholt, er wird vermutlich die Stadt verlassen und preiswerter wohnen müssen.

Die letzte Fahrt unseres Focus führt zum Flughafen. Wir brauchen einen neuen Mietwagen und die gibt es hier günstig, die Konkurrenz ist groß. 'Dollar' nimmt den total verdreckten Wagen anstandslos zurück. Wir unternehmen einen höflichen Versuch, die letzten leeren Wasserflaschen auszuräumen, der Mietwagenagent sagt sofort "do not care about the trash" und wir wollen nicht widerspenstig sein. Der neue Mietwagen ist von Hertz, und gut um die Hälfte teurer. Dafür erlaubt Hertz die Nutzung ihrer Wagen auch in Fahrprüfungen. Wir warten noch eben satt über einer Stunde, bis ein hochrangiger Mitarbeiter mit zwei Fingern ein Fahrprüfungsgenehmigungsschreiben getippt hat. Dann können wir unseren neuen Wagen besichtigen. Ein Kia Rio in Schwarz. Sieht gut aus, aber ab hier geht es abwärts. Zunächst glauben wir noch an eine schlecht eingestellte Automatik, wir ruckeln aus der Tiefgarage. Spätestens auf dem Highway ist klar, der Kleine hat Probleme: Leerlauf wechselt sich ab mit Gang hoch und Gang runter. Aber wir müssen jetzt zum Pier Neununddreissig, wir wollen segeln gehen. Anfahren an Ampeln, die Automatik wählt Leerlauf, plötzlich doch erster Gang und quietschende Reifen: wir rüpeln uns zum Ziel. Nach dem Segeln quält sich der Hobel wieder zum Flughafen, unseren Respekt dafür hat er. Auf dem Tacho stehen keine Zweitausend Meilen Laufleistung, bei der Mietwagenannahme ist trotzdem niemand überrascht. Wir tauschen um, neuer Manager aber bewährtes System, zwei Finger. Wir bekommen das gleiche Auto in Weiß, den alten wird Hertz vermutlich einfach in der Bay entsorgen, es kann kaum mehr sein als ein Wegwerfartikel.

Früher hatten auch viertürige Fahrzeuge keine Zentralverriegelung, die vorderen Türen konnten von außen aufgeschlossen werden, dann wurde umgegriffen und die hintere Tür durch die vordere geöffnet. Dafür hatten die Türen Knöpfchen im vorderen Bereich hinter den Fenstern. Soweit ist Kia noch nicht, hier sind die Verriegelungshebelchen mittig innen in der Tür und von außen nicht sichtbar angebracht. Das Öffnen der hinteren Wagentür gerät zu einem erbärmlich anzusehenden, orientierungslosen Tasten an der Türinnenverkleidung. Schenkt das Auto Euren Feinden. Kia Rio.

Wir verabschieden uns aus San Francisco mit einem geführten Segeltörn. Mit einem riesigen Katamaran geht es an den Seelöwen vorbei und in Richtung Golden Gate Bridge. e. und ich stehen ganz vorne auf dem rechten Schwimmer. e. fragt besorgt, ob wir hier nass werden und ich kann dank meiner Erfahrung im Segelsport versichern, dass dem nicht so ist. Keine Minute später haben wir beide tropfnasse Hosen.
Der Törn hindurch unter der Golden Gate und zurück um Alcatraz ist ein unvergessliches Geschenk und ich nehme ihn auf Platz Eins der Dinge, die der Besucher in San Francisco nicht missen sollte. Das war eine sehr gute Idee:




Sailing the Bay

Montag:

e. hat ihre Fahrprüfung zuerst, sie ist um Neun dran, ich Vierzig Minuten später. Um kurz vor Elf stehen wir immer noch in der Schlange und warten auf e.s Termin. Wir witzeln, dass vermutlich an unserem Kia Rio die Hupe nicht geht und wir nicht zugelassen werden. Als e. schließlich dran ist und die Funktion der Hupe demonstrieren soll, ist sie vollkommen überrascht, dass sie doch geht. Ich kann das von hier genau sehen.
Meine Fahrprüferin Liz fragt mich verschiedene Hebel und Funktionen ab, dann fahren wir Dreizehn Minuten und fertig. Warum haben wir das gemacht? Es ist nicht teuer, es ist eine Erfahrung und es vergrößert den Raum unserer Möglichkeiten.

Nachmittags bekommen wir eine private Führung durch die San Francisco University, das Studium hier kostet Fünfzigtausend USD je Semester, vier sind erforderlich.

Dienstag:

Wir fahren nach Salinas, ich melde mich bei der Einwanderungsbehörde ab. Fingerabdrücke von allen Fingern, ein Foto und ein Fragebogen 'How have we done?' Von mir die Höchstnote für die Art, wie die Einwanderungsbehörden mit mir umgegangen sind. Gegenüber ist eine Mall, wir schieben die Wirtschaft an. Abendessen mit unseren Gastgebern in Santa Cruz beim Mexikaner.

Der Rückflug geht morgen Mittag, Donnerstag sind wir wieder in Deutschland.

Samstag, 19. Juni 2010

Killer - Strand fordert immer mehr Opfer

Das ist Kaliforniens tödlichster Strand, viele viele Menschen sind hier schon umgekommen. Immer wieder erfassen plötzlich auftretende, verborgene Killerwellen Spaziergänger oder Sonnenanbeter am Strand und zerren sie mit in die Tiefen des Ozeans. In kürzester Zeit ertrinken die Opfer in den eiskalten Fluten. Ein grausiges Schicksal!

Skandal Schiri Pfeift Deutschland; Diese Adeligen sind noch zu haben; Das unfassbare Leid der kleinen Georgina. Das sind die relevanten Nachrichten für heute. Jedenfalls glauben das einige. Ich empfehle lieber hier zu lesen: www.bildblog.de

Der Pazifik hat seine Tücken


Baden hier, keine gute Idee?

Stinson Beach, einer der ersten Stellen, an denen wir vor vier Monaten am Pazifik waren. Heute kommen wir hier wieder vorbei, es ist viel wärmer geworden, der Strand ist um einiges belebter.

Stinson Beach in Marin County

Stinson Beach in Marin County

Pelikan, hier ohne Öl

Golden Gate Bridge

Ende der Reise, Santa Cruz


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Viertausenddreihundertvierunddreissig Meilen, fast Siebentausend Kilometer hat uns der Focus gefahren. Jetzt ist er dreckig und daher tauschen wir ihn morgen aus. Deswegen und ... vielleicht gibt es noch einen zweiten Grund.



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Eine Nackte Frau,

sie ist in ein Handtuch gewickelt und schaut verwirrt in die Landschaft. Das Bild ist von Bernd Pfarr gezeichnet und darunter steht sinngemäß: "Gott hat sich mit Ulla G. aus F. einen kleinen Scherz erlaubt und sie aus der römischen Therme in Bad Frauenau mitten in das Fünftausend Kilometer entfernte Sibirien versetzt." Sollte Gott sich mit Euch einen ähnlichen Scherz erlauben und Euch nach Fort Bragg versetzen, nutzt die Gelegenheit und geht in das Headlands Cofeehouse.

Die weitere Fahrt ging durch Mendocino, die Stadt ist schön gelegen, nur vier Autostunden von San Francisco entfernt und ein beliebter Ferienort für dessen Einwohner. Hier steht erschreckend viel Wohnraum zum Verkauf, ein Ferienhaus ist vermutlich das erste, was man in der Krise nicht mehr braucht. Ich schreibe 'vermutlich', weil ich das nur eingeschränkt beurteilen kann, mangels Krise.

Navajo River mündet in den Pazifik

Die Übernachtung von heute auf morgen ist die letzte auf unserer Reise. Wir haben das bei der Wahl der Unterkunft in Gualala berücksichtigt.

Letzte Unterkunft, Blick auf den Pazifik


dto



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Redwood National Park

Menschen hungern nach Sensationen, größer, höher, schneller, weiter, mehr. Der höchste bekannte Baum ist über Einhundertfünfzehn Meter hoch und steht im Redwood National Park. Wo genau wird nicht bekannt gegeben, um den Baum und seine empfindlichen Wurzeln zu schützen. Der Hunger der Menschen ist hier egal. Also keine Sensation, dafür über den gesamten Wald verteilte Touristenströme. Wir spazieren zwischen den Riesen hindurch und sind allein.

Redwood National Park

Die Bäume sind bis zu Viertausend Jahre Alt und es ist nicht bekannt, ob sie ewig leben oder nicht. Ihre Feide sind Winde und (früher) der Holzfäller. Die Avenue of the Giants ist sehr zu empfehlen, dem Coastal Drive bei Klamath möchte ich dieses Prädikat nicht mitgeben. Die Straße ist als 'Rough Road' gekennzeichnet. Das bedeutet konkret, hier ist streckenweise nicht geteert, teilweise sehr steil und immer dicht anne Klippen entlang. Der Vorderradantrieb unseres gut beladenen Focus war an einer Stelle überfordert. Den Wagen mit eingelegter Fahrstufe 'D' zurückrollen zu lassen und die Steilstelle erneut anzugehen, das ist keine gute Idee. Der Wagen wurde abgewürgt, Motor aus, Bremskraftverstärker aus, Servolenkung aus. Die Handbremse immerhin ist noch solide Mechanik und stoppt den Wagen.

Das der Ford in der Situation so reagiert hat kann ich verstehen, das ist in Ordnung und wird von mir durchgewunken. Überhaupt ist der Focus insgesamt solide verarbeitet und ein angenehmes Reisemobil, dafür Daumen hoch. Nicht in Ordnung und ein 'Show Stopper' ist die Elektronik an und in dem Auto. Es döngelt und bimmelt und hier blinkt und da leuchtet es. Der Wagen weiß, was gut und richtig ist und der Fahrer wird erzogen. Negative Verstärkung ist hier das Fachwort: Unangeschnallt rangieren, Zündschlüssel steckt beim Tanken, Tür auf bei laufendem Motor, Licht an bei Motor aus sind nur einige der Situationen, die im Autofahrerleben der greisen Fordingenieure nicht vorkommen und also auch uns nicht erlaubt sind. Das hier Opi am Werk war merkt man auch am ängstlichen Absperrverhalten: Beim Losfahren werden alle Türen verriegelt. Klar, dass auf der Fahrt in die Schweiz an der Ampel der Aktenkoffer mit den Wertpapieren vom Rücksitz geklaut wird, das ist uns allen schon passiert und das wollen wir nicht. Dass aber beim Aussteigen die hinteren Türen verschlossen bleiben, was soll das? Das ist sehr ärgerlich und ruiniert die Tage, an denen die Laune sowieso schon auf der Kippe steht. Ich bin sicher, dass in der Situation auch andere schon wutentbrannt Beulen in die Karre getreten haben.

Was sonst? Abendessen in Miranda, der Diner ist uns aufgefallen, weil gleich zwei 'State Police Officers' unter den Gästen waren. Die waren entweder neu in diesem Revier oder der Diners konnte was. Die Amerikanischen Polizisten sind Respektspersonen, die hochgerüsteten Dienstwagen, die Uniformen, die Kanonen, das ganze andere Cops-Zeugs ... Ich glaube, ich habe zu laut gegrüßt, aber dann im Gespräch habe ich mich betont locker gegeben, viel gelacht usw. usw.


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