Pier Neununddreissig, Heimat der Seelöwen und Brennpunkt vieler Touristenströme in San Francisco. Sitz auch vieler unseriöser Händler und windiger Verkaufspraktiken. e. und ich sind vor einigen Tagen dort gewesen, zunächst erheitert und doch bald genervt zogen wir durch das Viertel. Viele der Händler könnten ohne Kostüm oder Maske in jedem Piratenfilm auftreten.
Ich finde einen Preisaufschlag von siebenhundert Prozent für Kamerabedarf ... ist doch ... eigentlich ... in Ordnung? Oder nicht? Habe ich mich über den Tisch ziehen lassen? Und das mir und obschon ich hätte es besser wissen müssen. Immerhin hatten wir uns für einen der seriöseren Händler der Gegend entschieden, weil e. bei dem Typ mit den silbernen Zähnen, den wenigen Haaren im viel Gel und einem Stand der Marke "Zuklappen und Wegrennen" ein wage ungutes Gefühl hatte. Also sind wir zu einem Vertragshändler mit fester Anschrift. Allerdings fehlte das dritte Kriterium der Seriösität, er hatte keine Preise auf der Ware, die so nach Bedarf angepasst werden können. Margenoptimierung unter der Nebenbedingung "jeden Tag steht irgendwo ein Dummer auf, er muss nur in meinen Laden kommen". Ich behaupte, dass solches Geschäftsgebaren deutschen Vertragshändlern fremd ist oder vorsichtiger, mir ist es noch nicht untergekommen. Nachdem ich nun aber erkannt hatte, wo an jenem Tag der Dumme aufgestanden war, bin ich am nächsten Tag wieder hin und habe den Händler gebeten, seine Preisgestaltung zu überdenken. Und das hat er getan.
Es gibt ein recht scharfes Schwert für Verbraucher in Nordamerika, das 'Better Business Bureau', dort werden online Verbraucherbeschwerden registriert und der Fortgang der Angelegenheit dokumentiert. Für die Abzocke geldbehängter Touristen ist ein schlechtes Rating dort ohne Belang, aber für alle anderen Businessmodelle ist es wie eine fest angezogene Handbremse.
Was sonst? Wir waren gestern wieder bei M. zum Essen eingeladen. M. hatte auch Besuch von einem Schulfreund, der auch Feuerwehrmann ist, im 'Hinterland' zwei Autostunden nördlich von San Francisco wohnt und stolz einen gut gefüllten Waffenschrank sein Eigentum nennt. Auch wenn e. entsetzt war, ich kann seine Haltung verstehen. Freie Fahrt für freie Bürger oder freier Waffenbesitz, einen qualitativen Unterschied kann ich da nicht erkennen. In beiden Fällen geht es um Spaß flankiert von einem Argument "Selbstverteidigung" hier und "Zeitersparnis" dort, beides führt zu sinnlosen Toten weil in beiden Fällen Menschen der Verantwortung nicht gewachsen sind oder Situationen falsch einschätzen. Allerdings gibt es einen quantitativen Unterschied, auf mich ist noch keine Waffe gerichtet worden. Die erste Begegnung mit einem adrenalingesättigten Deutschen (m/w) am Volant seines Turbodiesels andererseits prognostiziere ich uns für die ersten vierundzwanzig Stunden im Land.
Die Überschrift ist übrigens falsch, sie muss heißen "In Deutschland täglich Elf Tote durch Straßenverkehr!". Eintausendsiebenhundert Tote jährlich durch zu hohe Geschwindigkeit.
Dienstag, 20. April 2010
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