Dienstag, 22. Juni 2010

Ende, Fazit und Ausblick

Here be Dragons

(to be discovered)

Montag, 21. Juni 2010

Die letzten Tage in San Francisco

Wir sind in Santa Cruz angekommen und wohnen hier bei Freunden. Am Freitag Abend war unsere Rundreise zu Ende, wir waren ziemlich erschöpft und haben den Samstag langsam angehen lassen.

Sonntag:

Wir sind mit Feuerwehrmann M. zum Brunchen verabredet. Die schwächelnde Wirtschaft hat ihn eingeholt, er wird vermutlich die Stadt verlassen und preiswerter wohnen müssen.

Die letzte Fahrt unseres Focus führt zum Flughafen. Wir brauchen einen neuen Mietwagen und die gibt es hier günstig, die Konkurrenz ist groß. 'Dollar' nimmt den total verdreckten Wagen anstandslos zurück. Wir unternehmen einen höflichen Versuch, die letzten leeren Wasserflaschen auszuräumen, der Mietwagenagent sagt sofort "do not care about the trash" und wir wollen nicht widerspenstig sein. Der neue Mietwagen ist von Hertz, und gut um die Hälfte teurer. Dafür erlaubt Hertz die Nutzung ihrer Wagen auch in Fahrprüfungen. Wir warten noch eben satt über einer Stunde, bis ein hochrangiger Mitarbeiter mit zwei Fingern ein Fahrprüfungsgenehmigungsschreiben getippt hat. Dann können wir unseren neuen Wagen besichtigen. Ein Kia Rio in Schwarz. Sieht gut aus, aber ab hier geht es abwärts. Zunächst glauben wir noch an eine schlecht eingestellte Automatik, wir ruckeln aus der Tiefgarage. Spätestens auf dem Highway ist klar, der Kleine hat Probleme: Leerlauf wechselt sich ab mit Gang hoch und Gang runter. Aber wir müssen jetzt zum Pier Neununddreissig, wir wollen segeln gehen. Anfahren an Ampeln, die Automatik wählt Leerlauf, plötzlich doch erster Gang und quietschende Reifen: wir rüpeln uns zum Ziel. Nach dem Segeln quält sich der Hobel wieder zum Flughafen, unseren Respekt dafür hat er. Auf dem Tacho stehen keine Zweitausend Meilen Laufleistung, bei der Mietwagenannahme ist trotzdem niemand überrascht. Wir tauschen um, neuer Manager aber bewährtes System, zwei Finger. Wir bekommen das gleiche Auto in Weiß, den alten wird Hertz vermutlich einfach in der Bay entsorgen, es kann kaum mehr sein als ein Wegwerfartikel.

Früher hatten auch viertürige Fahrzeuge keine Zentralverriegelung, die vorderen Türen konnten von außen aufgeschlossen werden, dann wurde umgegriffen und die hintere Tür durch die vordere geöffnet. Dafür hatten die Türen Knöpfchen im vorderen Bereich hinter den Fenstern. Soweit ist Kia noch nicht, hier sind die Verriegelungshebelchen mittig innen in der Tür und von außen nicht sichtbar angebracht. Das Öffnen der hinteren Wagentür gerät zu einem erbärmlich anzusehenden, orientierungslosen Tasten an der Türinnenverkleidung. Schenkt das Auto Euren Feinden. Kia Rio.

Wir verabschieden uns aus San Francisco mit einem geführten Segeltörn. Mit einem riesigen Katamaran geht es an den Seelöwen vorbei und in Richtung Golden Gate Bridge. e. und ich stehen ganz vorne auf dem rechten Schwimmer. e. fragt besorgt, ob wir hier nass werden und ich kann dank meiner Erfahrung im Segelsport versichern, dass dem nicht so ist. Keine Minute später haben wir beide tropfnasse Hosen.
Der Törn hindurch unter der Golden Gate und zurück um Alcatraz ist ein unvergessliches Geschenk und ich nehme ihn auf Platz Eins der Dinge, die der Besucher in San Francisco nicht missen sollte. Das war eine sehr gute Idee:




Sailing the Bay

Montag:

e. hat ihre Fahrprüfung zuerst, sie ist um Neun dran, ich Vierzig Minuten später. Um kurz vor Elf stehen wir immer noch in der Schlange und warten auf e.s Termin. Wir witzeln, dass vermutlich an unserem Kia Rio die Hupe nicht geht und wir nicht zugelassen werden. Als e. schließlich dran ist und die Funktion der Hupe demonstrieren soll, ist sie vollkommen überrascht, dass sie doch geht. Ich kann das von hier genau sehen.
Meine Fahrprüferin Liz fragt mich verschiedene Hebel und Funktionen ab, dann fahren wir Dreizehn Minuten und fertig. Warum haben wir das gemacht? Es ist nicht teuer, es ist eine Erfahrung und es vergrößert den Raum unserer Möglichkeiten.

Nachmittags bekommen wir eine private Führung durch die San Francisco University, das Studium hier kostet Fünfzigtausend USD je Semester, vier sind erforderlich.

Dienstag:

Wir fahren nach Salinas, ich melde mich bei der Einwanderungsbehörde ab. Fingerabdrücke von allen Fingern, ein Foto und ein Fragebogen 'How have we done?' Von mir die Höchstnote für die Art, wie die Einwanderungsbehörden mit mir umgegangen sind. Gegenüber ist eine Mall, wir schieben die Wirtschaft an. Abendessen mit unseren Gastgebern in Santa Cruz beim Mexikaner.

Der Rückflug geht morgen Mittag, Donnerstag sind wir wieder in Deutschland.

Samstag, 19. Juni 2010

Killer - Strand fordert immer mehr Opfer

Das ist Kaliforniens tödlichster Strand, viele viele Menschen sind hier schon umgekommen. Immer wieder erfassen plötzlich auftretende, verborgene Killerwellen Spaziergänger oder Sonnenanbeter am Strand und zerren sie mit in die Tiefen des Ozeans. In kürzester Zeit ertrinken die Opfer in den eiskalten Fluten. Ein grausiges Schicksal!

Skandal Schiri Pfeift Deutschland; Diese Adeligen sind noch zu haben; Das unfassbare Leid der kleinen Georgina. Das sind die relevanten Nachrichten für heute. Jedenfalls glauben das einige. Ich empfehle lieber hier zu lesen: www.bildblog.de

Der Pazifik hat seine Tücken


Baden hier, keine gute Idee?

Stinson Beach, einer der ersten Stellen, an denen wir vor vier Monaten am Pazifik waren. Heute kommen wir hier wieder vorbei, es ist viel wärmer geworden, der Strand ist um einiges belebter.

Stinson Beach in Marin County

Stinson Beach in Marin County

Pelikan, hier ohne Öl

Golden Gate Bridge

Ende der Reise, Santa Cruz


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Viertausenddreihundertvierunddreissig Meilen, fast Siebentausend Kilometer hat uns der Focus gefahren. Jetzt ist er dreckig und daher tauschen wir ihn morgen aus. Deswegen und ... vielleicht gibt es noch einen zweiten Grund.



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Eine Nackte Frau,

sie ist in ein Handtuch gewickelt und schaut verwirrt in die Landschaft. Das Bild ist von Bernd Pfarr gezeichnet und darunter steht sinngemäß: "Gott hat sich mit Ulla G. aus F. einen kleinen Scherz erlaubt und sie aus der römischen Therme in Bad Frauenau mitten in das Fünftausend Kilometer entfernte Sibirien versetzt." Sollte Gott sich mit Euch einen ähnlichen Scherz erlauben und Euch nach Fort Bragg versetzen, nutzt die Gelegenheit und geht in das Headlands Cofeehouse.

Die weitere Fahrt ging durch Mendocino, die Stadt ist schön gelegen, nur vier Autostunden von San Francisco entfernt und ein beliebter Ferienort für dessen Einwohner. Hier steht erschreckend viel Wohnraum zum Verkauf, ein Ferienhaus ist vermutlich das erste, was man in der Krise nicht mehr braucht. Ich schreibe 'vermutlich', weil ich das nur eingeschränkt beurteilen kann, mangels Krise.

Navajo River mündet in den Pazifik

Die Übernachtung von heute auf morgen ist die letzte auf unserer Reise. Wir haben das bei der Wahl der Unterkunft in Gualala berücksichtigt.

Letzte Unterkunft, Blick auf den Pazifik


dto



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Redwood National Park

Menschen hungern nach Sensationen, größer, höher, schneller, weiter, mehr. Der höchste bekannte Baum ist über Einhundertfünfzehn Meter hoch und steht im Redwood National Park. Wo genau wird nicht bekannt gegeben, um den Baum und seine empfindlichen Wurzeln zu schützen. Der Hunger der Menschen ist hier egal. Also keine Sensation, dafür über den gesamten Wald verteilte Touristenströme. Wir spazieren zwischen den Riesen hindurch und sind allein.

Redwood National Park

Die Bäume sind bis zu Viertausend Jahre Alt und es ist nicht bekannt, ob sie ewig leben oder nicht. Ihre Feide sind Winde und (früher) der Holzfäller. Die Avenue of the Giants ist sehr zu empfehlen, dem Coastal Drive bei Klamath möchte ich dieses Prädikat nicht mitgeben. Die Straße ist als 'Rough Road' gekennzeichnet. Das bedeutet konkret, hier ist streckenweise nicht geteert, teilweise sehr steil und immer dicht anne Klippen entlang. Der Vorderradantrieb unseres gut beladenen Focus war an einer Stelle überfordert. Den Wagen mit eingelegter Fahrstufe 'D' zurückrollen zu lassen und die Steilstelle erneut anzugehen, das ist keine gute Idee. Der Wagen wurde abgewürgt, Motor aus, Bremskraftverstärker aus, Servolenkung aus. Die Handbremse immerhin ist noch solide Mechanik und stoppt den Wagen.

Das der Ford in der Situation so reagiert hat kann ich verstehen, das ist in Ordnung und wird von mir durchgewunken. Überhaupt ist der Focus insgesamt solide verarbeitet und ein angenehmes Reisemobil, dafür Daumen hoch. Nicht in Ordnung und ein 'Show Stopper' ist die Elektronik an und in dem Auto. Es döngelt und bimmelt und hier blinkt und da leuchtet es. Der Wagen weiß, was gut und richtig ist und der Fahrer wird erzogen. Negative Verstärkung ist hier das Fachwort: Unangeschnallt rangieren, Zündschlüssel steckt beim Tanken, Tür auf bei laufendem Motor, Licht an bei Motor aus sind nur einige der Situationen, die im Autofahrerleben der greisen Fordingenieure nicht vorkommen und also auch uns nicht erlaubt sind. Das hier Opi am Werk war merkt man auch am ängstlichen Absperrverhalten: Beim Losfahren werden alle Türen verriegelt. Klar, dass auf der Fahrt in die Schweiz an der Ampel der Aktenkoffer mit den Wertpapieren vom Rücksitz geklaut wird, das ist uns allen schon passiert und das wollen wir nicht. Dass aber beim Aussteigen die hinteren Türen verschlossen bleiben, was soll das? Das ist sehr ärgerlich und ruiniert die Tage, an denen die Laune sowieso schon auf der Kippe steht. Ich bin sicher, dass in der Situation auch andere schon wutentbrannt Beulen in die Karre getreten haben.

Was sonst? Abendessen in Miranda, der Diner ist uns aufgefallen, weil gleich zwei 'State Police Officers' unter den Gästen waren. Die waren entweder neu in diesem Revier oder der Diners konnte was. Die Amerikanischen Polizisten sind Respektspersonen, die hochgerüsteten Dienstwagen, die Uniformen, die Kanonen, das ganze andere Cops-Zeugs ... Ich glaube, ich habe zu laut gegrüßt, aber dann im Gespräch habe ich mich betont locker gegeben, viel gelacht usw. usw.


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Dienstag, 15. Juni 2010

Crescent City

Gestern hatte ich schon zum Thema Essen in Amerika geschrieben. Heute nun will ich daran anknüpfen. Zwei Dinge sind wichtig für ein Essen, dass ein gutes Essen sein will in Amerika und in den Augen eines Amerikaners. Erstens die Menge des Essens und zweitens die Menge der Gewürze. 'Ordentlich viel' gilt für beides. Im 'Beachcomber' in Crescent City sind wir uns dieser Tatsache einmal mehr bewusst geworden. Das von der Bedienung empfohlene Highlight: Hummer mit Steak für Fünfunddreissig Dollar. Dazu Knoblauchpommes und vorab eine Suppe. Damit ist zum Thema Essen alles gesagt.

Die Fahrt nach Crescent City entlang der Küste führt immer wieder auch an sehr schönen Stränden entlang. Heute haben wir an 'Arizona Beach' eine größere Rast eingelegt. Der Mussel Creek mündet hier in den Pazifik und wir mussten ihn durchwaten, um an den Strand zu kommen. Der Strand wird an beiden Enden von Steilküsten eingefasst und ist so von Winden geschützt. Es wird im Sommer sehr warm und daher der Name.

e. auf dem Weg zum Beach

Arizona Beach, e. überprüft die Qualität der Aussicht

Die weitere Fahrt führt nach Kalifornien zurück. Kurz hinter der Grenze werden wir von einem Beamten angehalten und müssen alle landwirtschaftliche Produkte angeben, die wir mit uns führen. Wir sind zu diesem Zeitpunkt fast drei Wochen unterwegs, der Focus sieht aus wie eine fahrende Müllkippe und ich habe vollkommen jede Übersicht verloren, was wir wo mitführen. Jetzt ist allerdings nicht der Augenblick für Zweifel, ich lasse mir nichts anmerken und wir dürfen weiter.

Das Motel in Crescent City ist sehr geräumig und aus den großen Fenstern geht der Blick auf den Pazifik. Also, nicht direkt, aber nachdem ich das Fliegengitter ausgehängt hatte und mich gefährlich weit hinauslehte, konnte ich links hinter Bäumen etwas Pazifik sehen. Der direkte Blick ging auf den Trailerpark, sozusagen das andere Ende von 'luxuriös wohnen'.

Der Name ist hier schon lange kein Programm mehr: Mobile Homes in Crescent City

Sonnenuntergang über Crescent City


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North Bend



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Die Fahrt geht immer entlang der Küste, Strände werden von Steilküsten abgelöst und Steilküsten von neuen Stränden. Wir kommen nicht unbedingt zügig voran, an jedem Strand halten wir an und spazieren ihn entlang.



Bei North Bend haben wir keine Lust mehr auf Autofahren und finden ein Motel direkt am Highway. Die Qualität eines Motels lässt sich schon von außen abschätzen. Schlecht ist Werbung mit Selbstverständlichkeiten (Color TV, clean rooms, WiFi), gut sind Schilder 'Rückwärtz Einparken verboten' (Türen und Fenster gehen meistens direkt auf den Parkplatz und niemand will Abgase in seinem Zimmer haben), Blumen, insgesamt gepflegtes Äußeres. Der Zustand des Pools (meist direkt am Parkplatz) ist auch ein sensibler Qualitätsindikator. Nachdem wir am Anfang der Reise ein Zimmer angeboten bekommen haben, in dem ich kein Auto parken würde, schauen wir uns die Zimmer auch immer vorher an. Das Motel 'Southsider' in North Bend wird von einem grundsoliden Amerikaner geführt, weiße Haare links gescheitelt, gebügelte blaue Latzhose und freundliches Lächeln. Er will uns alle freien Zimmer zeigen, wir nehmen gleich das erste. Zum Essen empfiehlt er uns das 'Kozy Kitchen II', vorbei an BK und Subway. Hier dieselbe ehrliche Handwerksarbeit, die Speisekarte ist bebildert und enthält nichts, was nicht auch Vati eben in Pfanne oder Fritteuse zusammenkochen könnte. Gemüse oder Salat sucht der Gast hier vergeblich und ohne die Gerichte mit Ei, Käse oder Kartoffeln gäbe es nur Getränke.

Kozy Kitchen II

Was sonst? Amerika hat einen neuen Feind, die Firma BP. Auf CNN laufen ständig Reportagen und Berichte über das Desaster am Golf. Die Experten streiten sich über die ausgetretenen Ölmengen, aber sie sind sich einig, dass es Unmengen sind und vor allem Größenordnungen mehr, als BP zugibt.
Geschätzte Neun Millionen Liter Öl kommen täglich dazu. Im Moment bedeckt der Ölteppich eine Fläche von Oldenburg nach Berlin, von Kiel nach Kassel. Es wird vermutlich August werden, bevor das Bohrloch verschlossen werden kann und sich die Situation nicht weiter verschlimmert.


Sonntag, 13. Juni 2010

Newport


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Seattle, Vancouver, Victoria und schließlich Portland haben alle ihre Reize aber eins haben alle nicht, Küste zum offenen Pazifik. Es ist schwer zu beschreiben, welcher Reiz für mich von diesem Ozean ausgeht. Gewaltige Wellen branden an zerklüftete Felsen, Gischt sprüht und selbst bei blauem Himmel treibt der Wind einen feinen Salzwassernebel über die Küste. An praktisch jedem Strand liegt Holz herum, von kleinen Stöcken bis hin zu gewaltigen Baumstämmen. Das Holz ist von Salz, Wasser und Sonne auf ein einheitliches Hellbraun zurückgebleicht und von Welle und Sand auf rundliche Formen geschmirgelt. Die so bearbeiteten einst aufrechten Bäume sind von den Fluten leichhin hoch in die Klippen geworfen oder verächtlich im hinteren Strandbereich zusammengeschoben, weit weg von den Wellen, die scheinbar so wütend anbranden. Und doch gibt allein die räumliche Distanz zwischen Holz und Wasser eine Ahnung davon, was hier geht, wenn Sturm kommt.

Friedlicher Pazifik

Kissenlava am Strand

Ist es eine Sensation? Ist es etwas besonderes? Ich weiß es leider nicht. Zuerst war alles wie immer, plötzlich erhob sich unter den Möwen lautes Geschrei und e. rief mir zu, sie habe aus den Augenwinkeln gesehen, wie ein Greifvogel sich eine Möwe gegriffen habe. Ich schoss noch rasch ein Foto, dann war alles vorbei. Es sieht aus wie ein Weisskopfseeadler. Das ist so unwahrscheinlich nicht, der Bestand hat sich soweit erholt, dass der Vogel vor Drei Jahren von der Liste der gefährdeten Arten genommen wurde.

Ein Weisskopfseadler (?) erbeutet eine Möwe (?)
(Bild im Ausschnitt aber in voller Auflösung)

Ist es eine Sensation? Ist es etwas besonderes? Ich bin ziemlich sicher. Wir sind in Newport an die beste Übernachtung dieser Reise gekommen, ein voll eingerichtetes Luxusapartment direkt am Strand und zum Preis der Jugendherberge in Vancouver.

Little Creek Cove in Newport, OR

Portland

Es gibt zwei Arten von Menschen. Die einen haben einen eigenen Swimmingpool und die anderen können sich kaum über Wasser halten. Die einen sind Teil des Problems, die anderen sind Teil der Lösung. Die einen sind schlechte Lügner, die anderen sind schlechte Menschen. Die einen unterteilen die Menschen nach Gruppen, die anderen tun das nicht. Es ist nie gut, Menschen in Gruppen einzuteilen. Und alle Veralgemeinerungen sind schlecht.

Es gibt zwei Arten von Amerikanern, die einen fragen mich zügig woher ich komme und die anderen merken nichts. Oder sind in dieser Frage gleichgültig.

Der Valet Park Attendant in Portland gehörte zu der Gruppe Amerikaner, die mich im Gespräch recht bald fragen, woher ich komme. Er tippte auf die Niederlande und als ich ihm sagte, das sei nicht richtig, aber sehr nah dran, korrigierte er auf Belgien. Das sind ausgesprochen gute geografische Kenntnisse, finde ich. Wisst ihr, wo Kansas liegt und welche Staaten angrenzen? Costa Rica? Grenzt Uruguai an Paraguai? Sich mit den Nachbarn auszukennen, ist keine Kunst, aber fernab der Heimat? Als ich ihm sagte, woher ich sei, entgegnete er: Germany? Von dem Staat habe er noch nie gehört.

Valet Parking funktioniert so: Du übergibts Dein PKW einem wildfremden Menschen, dem Valet. Du bekommst dafür einen Zettel, eine Quittung. Gegen diese Quittung fährt der Valet später dein Fahrzeug wieder vor. Ich bin immer wieder tief erschüttert, dass das funktioniert. "Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.", hat Albert Einstein gesagt. Ich sage: Humor ist intelligent angewandte Phantasie. Der Valet hatte Humor, ich bewundere solche Menschen. Und ich vertraue ihnen gerne unseren Wagen an.

Das Thema ist aber nicht Valet Parking sondern Portland. Valet Parking hat übrigens den Vorteil, dass es Platz spart, weil Fahrzeuge auch zugeparkt werden können. Portland wiederum hat den Vorteil, dass es eine sehr schöne Stadt ist. Selbst im Regen. Und es regnet viel in Portland. Ein guter Ort also für Leseratten und damit auch für die größte Buchhandlung der Welt, Eigenwerbung Powell's Books an der Zehnten Ecke Burnside Street, ein ganze Straßenblock Bücher. Ein sehr gut gemachtes Buch über Kurt Cobain fällt mir hier in die Hände. Vor wenigen Jahren wusste ich nicht, wer Kurt Cobain ist, ich erinnere mich noch genau, wie entsetzt Y. darüber war. Zu Recht, was war ich bloß für ein Mensch?

Am zweiten Tag in Portland schien die Sonne. Was für eine Überraschung. Zweite Überraschung: Die Stadt ist wie ausgestorben:

Downtown Portland: Menschenleer

Die Bewohner sind alle beim Portland Rose Festival, ein Jährlicher Umzug quer durch die Stadt. Gefeiert wird eigentlich nichts, es ist ein Umzug einfach nur so. Gründe sind spießig und es geht auch ohne, schon seit Neunzehnhundertsieben. Besonders bejubelt wurden dieses Jahr die Indianer und alles militärische.


Portland Rose Festival

Portland Rose Festival

Portland Japanese Garden

Portland International Rose Test Garden

Mount Hood am Tag der Parade ohne Wolken

Mount Hood aus dem Japanischen Garten

Brunnen vor dem Keller Auditorium

Was sonst? Vor einigen Monaten hatte ich beschrieben, wofür in Amerika Münzen benötigt werden. Die Vierteldollar nimmt der Parkautomat, der Rest ist im Grunde Metall und sonst nichts. Bis heute war das so. Bis ich heute den Münzannahmeautomaten im Safeway entdeckte.
Die Tüte Dollarmünzen rüttelt der Automat durch, zwei Handvoll will er nicht erkannt haben. Davon nicht beeindrucken lassen, gleich wieder oben einwerfen. Von den (angeblich) Acht Dollar habe ich Sieben ausgezahlt bekommen, den Rest will der Automat für sich. Gute Lösung, gute Marge, gute Sache.

Donnerstag, 10. Juni 2010

Sechzehntausendvierhunderteinundsechzig

Einwohner hat die Stadt Aberdeen in Washington. Die Stadt rühmt sich, das Eingangstor zum Olympic National Park und zur Olympic Halbinsel zu sein. Wir haben die Halbinsel durch dieses Eingangstor verlassen. Die Stadt trostlos zu nennen hielte ich für mindestens etwas beschönigt. Kurt Cobain ist in Aberdeen geboren. Dafür können zwar beide nichts, die Stadt hat aber trotzdem ein Eingangsschild 'Aberdeen' mit der Unterschrift 'Come As You Are' versehen, ein Bezug zu dem gleichnamigen Lied seiner Band Nirvana. Das ist nicht ganz ohne Ironie, hat doch Kurt Cobain zeitlebens keinen Hehl aus seiner Abneigung zu der Stadt gemacht. Das Schild haben wir weder gesehen noch gesucht, ebenfalls nicht gesucht aber trotzdem gesehen haben wir den Händler, von dem Kurt seine erste Gitarre hatte, ein Geschenk seines Onkels.

Nieselregen in Aberdeen und ein minutenlang im Schritttempo vorbeiziehender Güterzug blockierte unsere Ausfahrt aus der Stadt. Damit möchte ich jetzt nichts andeuten oder so. Ich schreibe nur, wie es war.

Die weitere Fahrt führte entlang der Küste. Die Natur arbeitet hier viel mit dunklen Farben im Graubereich, Nieselregen wird nicht zu sparsam eingesetzt und rundet das dramatische Bild ab.

Ein Fjord an der Pazifikküste

Pazifik, The Big Picture

Mit ganz anderen Stilmitteln arbeiten Mr. und Mrs. Slater in ihrem 'Diner'. Knallige Farben, Musik aus den Sechzigern und ein Klon von Elvis Presley als Servicekraft. Wobei ich jetzt nicht weiß, wie dick Elvis am Ende war ... Egal, die Hütte können wir empfehlen, Slater's Diner in Raymond. Ihr könnt es nicht verfehlen, es hat im großen Radius mittags nichts anderes auf.

Slaters Diner

Erst gegen Zehn sind wir in Portland angekommen. Das Motel war preiswert und sauber, aber es zog so durch die Tür, dass e. und ich erbärmlich gefroren haben. Die Tochter führte das Motel barfuß und im Pyjama durch die Nachtschicht. In ihrem Alter musste ich nach der Tagesschau ins Bett.





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Amanda Park

Die Black Ball Ferry verbindet den inneren Hafen der Stadt Victoria mit der Stadt Port Angeles auf dem Amerikanischen Festland. Der Reisende ist gehalten, sich Anderthalb Stunden vorher einzufinden und ein Ticket zu kaufen. Anschließend ist Warten in der Autoschlange angesagt. Amerikanische Grenzbeamten (unbewaffnet) wandern misstrauisch zwischen den Fahrzeugen umher, wollen Pässe sehen und ihre Fragen anbringen: Woher, wohin, warum? Schließlich sind die Pässe fotokopiert, ein kleiner Fragebogen ausgefüllt und unter den Scheibenwischern stecken verschiedene bunte Zettelchen. Die Überfahrt dauert ebenso Anderthalb Stunden. Dann, etwas überraschend, wieder Grenzbeamte (bewaffnet), misstrauisch wird der Pass durchgeblättert, kritischer Blick in das Fahrzeug, woher, wohin, warum und dann dürfen wir wieder auf US-Gebiet.

Victoria ist sicher sehr Europäisch, aber auch jenseits davon wirkt Kanada Europa näher als den Vereinigten Staaten: ausgeprägtes Gesundheitssystem, metrisches System, keine Teilnahme am Krieg im Irak (oder Vietnam) und God bless the Queen statt God bless America. Die Kanadier halten mehrheitlich nichts von dem ungebremsten Amerikanischen Kapitalismus und sind vielleicht etwas verhalten gegenüber der Supermacht. Den Amerikanern wiederum ist kaum etwas ferner als eine Königin. Neunundsechzig hat der Kanadische Premierminister Pierre Trudeau zum Verhältnis zu den USA geäußert:
"Living next to you is in some ways like sleeping with an elephant. No matter how friendly and even-tempered is the beast, if I can call it that, one is affected by every twitch and grunt." Beide Länder sind wirtschaftlich eng und militärisch sehr eng verbunden.


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Der Olympic National Park ist bekannt für seine gemäßigten Regenwälder. Und die Region ist bekannt für Regen. Tatsächlich können wir bezeugen, dass die wenigen Stunden Sonne und blauer Himmel in Victoria von den Einheimischen bestaunt wurden wie eine Blut weinende Holzmadonna. Die übrige Zeit war und ist geprägt von zügigem Wechsel zwischen "Nieselregen an der Nebelgrenze" bis zu "ordentlich Wasser": Beim Autofahren wird die Wischerstufe häufiger angepasst als die Geschwindigkeit. Schöne Überleitung hier, weil: Das ist eben auch eine sehr dünn besiedelte Gegend. Den Benzintank füllen wir auf, sobald er weniger als halbvoll ist bei nächster Gelegenheit. Alle anderen Tanks leeren wir bei jeder Gelegenheit, Toiletten sind auch selten. Mit dieser Strategie hat man schon Mal zwei Probleme weniger und "peace of mind", wie es hier so schön heißt.

Mittagessen in der Stadt Forks, dreitausendeinhundertundzwanzig Einwohner, Jobs gibt es in der Holzindustrie und in den Gefängnissen. Auf der Homepage der Stadt können Interessierte einsehen, wer gerade im Stadtgefängnis einsitzt (Ist der Nachbar wirklich in "Urlaub"?). Die Staatsgefängnisse bieten weitere Dienste, etwa eine Datenbank der Sexualstraftäter mit Foto und Adresse. Im Fenster der lokalen Pizzeria wird eine Party angekündigt, darunter eine Liste der Söhne und Töchter der Stadt, die im Krieg sind, etwas lieblos schief hingepatscht. Gefallen ist von hier noch niemand, die Washington Post hält das nach, ebenfalls in Form einer Datenbank mit Foto, wo, wann und warum. Nur wofür, das steht da nicht.

Serving in Irak and Afghanistan

Vom Highway führt die Upper Hoh - Road entlang des Hoh Rivers in den Olympic Park. Die Straße endet an einer Ranger Station und von hier sind e. und ich unzureichend bekleidet eine Stunde im Regen (wo sonst) durch den verwunschenen Regenwald gestapft. Ein sehr schöner Park, selbst im Regen.

Olympic National Park

Olympic National Park

Der weitere Verlauf des Highway führt wieder an die Küste und genau da, beim ersten Blick auf den Pazifik, da liegt Ruby Beach, rau und verlassen.

Ruby Beach am Highway one - ouh - one

Was sonst? Übernachtung im Quinault River Inn in Amanda Park. Ja, zu Essen gäbe es im "The Salmon House", vorne links und gleich wieder links. Einem unbestimmten Gefühl folgend haben wir das Auto genommen, und schließlich waren es Sieben Kilometer.

Mittwoch, 9. Juni 2010

Victoria

Den Besuch der Landeshauptstadt Victoria haben wir uns reiflich überlegt, die Stadt liegt auf Vancouver Island und ist nur über teure Fährverbindungen mit dem Auto zu erreichen. Verschiedentlich hatten wir gehört, der Besuch lohne sich und ich möchte vorgreifen und verraten: Das stimmt. Zwei Stunden haben wir für die Fähre angestanden, anderthalb Stunden dauert die Überfahrt. Eine Überfahrt sozusagen im Bratenfett, die Fähre ist eine schwimmende Fastfoodmeile und als wir den Hafen Nanaimo auf Vancouver Island erreichen, ist das Passagierdeck ein Sanierungsfall. Die Queen lächelt liebevoll eingerahmt auf die herab, die da nicht grundlos ihr untertan sind, die kleinen Schweinchen.

Überfahrt nach Vancouver Island: Blick auf Vancouver

Victoria gilt als die 'Most British City in Canada'.

Victoria: Ist das noch Kanada?

Victoria: Das Parlament für British Columbia

Victoria hat uns sehr gut gefallen, es kamen aber auch drei Dinge zusammen: Die Stadt ist charmant Britisch, wir hatten eine sehr gute Unterkunft und das Wetter war top. Die Stadt ist geschäftig, der Stadthafen bietet Fährverbindungen in die Vereinigten Staaten, kleine Wassertaxis verbinden die Anlegestellen und dazwischen landen und starten Wasserflugzeuge.

Im Anflug auf den Hafen von Victoria

Es gibt sie auch hier. Hummingbird in Victoria

In der Innenstadt habe wir uns nach der Möglichkeit erkundigt, Briefmarken zu beziehen. Die Verkäuferin entgegnete darauf: "Well, that depends Sir. In which direction are you in the process of walking to?". Gut, oder? Ich hätte gerne gewusst, ob sie für die anderen vier Himmelsrichtungen auch Antworten gehabt hätte, aber nun ist es zu spät. Zwei Dinge allerdings sollen auch nicht unerwähnt bleiben. Erstens sind der Eisdiele in der Government Street irgendwie die Preise relativ zu Qualität weit aus dem Ruder gelaufen. Und zweitens gibt es in der 'City' Lunch bis Drei Uhr und Dinner ab Fünf. Der Lücke dazwischen wären wir fast zum Opfer gefallen.

Vor Vancouver Island gibt es eine Familie 'Resident Orcas', zu denen geführte Fahrten angeboten werden. Ob das gut ist oder nicht, ich kann das nicht beurteilen. Einerseits sind diese Orcas durch die Fahrten sehr gut erforscht, auch auf unserem Boot fuhr eine Biologin mit. Andererseits stört der ständige Motorlärm durch die Boote bestimmt, auch wenn Mindestabstände zu den Tieren vorgeschrieben sind. Sowohl die Amerikanischen als auch die Kanadischen Behörden überwachen die Touristenboote und verhängen empfindliche Strafen. Orcas sind keine Wale sondern Delfine, sie sind sozial und intelligent. Die Orcas vor Vancouver Island sind fotografisch erfasst und benannt, sogar ihre Familienbeziehungen sind bekannt. Das älteste Tier ist Neunzehnhundertelf geboren.

Resident Orca vor Vancouver Island

Orcas kommen weltweit vor. Bis vor fünfzig Tagen auch im Golf von Mexiko. In Deutschland heißen die Tankstellen von BP mehrheitlich ARAL.


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Montag, 7. Juni 2010

Vancouver


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Der Grenzübertritt nach Kanada war problemlos, die Grenzbeamtin stellte eine Reihe einfacher Fragen, woher, wohin, wie lange, warum. Das konnten wir alles ohne weiteres beantworten. Auch hier vor der Grenze der Hinweis, das Waffen in Kanada illegal sind. British Columbia "The Best Place on Earth" tritt selbstbewusst auf, Sachsen Anhalt "Land der Frühaufsteher" wirkt dagegen echt müde.

Kanada

Was ist anders in Kanada? Hier gilt wieder das Metrische System, also alle Angabe wie wir das aus Europa gewöhnt sind: Entfernungen, Geschwindigkeiten, Temperatur, Gewichte, wir kennen uns wieder aus. Allerdings führt die Dominanz der südlichen Nachbarn zu unrunden Verpackungsgrößen.
Die Amerikaner lieben dezentrale Machtverteilung, die Kanadier lieben ihre Königin. auf den Straßen patrouilliert wesentlich weniger Polizei, die Fahrweise der Kanadier ist daran angepasst. Der Ton ist freundlich, aber merklich kühler als in Kalifornien. Das empfanden wir abgestuft auch schon in Washington State.

Vancouver ist der nördlichste Punkt unserer Reise, wir sind etwa auf Höhe der Stadt Prag. Die Stadt gilt als eine der lebenswertesten Orte dieser Erde, sie ist sehr sauber und sehr sicher. Nur einen Ort gibt es, der zu meiden ist: East Hastings Street. Und wo lag jetzt unser preiswertes Hotel? Genau! Die offene Drogenszene tobte sich auf dem Parkplatz um unseren Mietwagen aus, wir konnten das aus dem vierten Stock beobachten. Ich habe nicht erwartet, am nächsten Morgen mehr als ein ausgebranntes Wrack vorzufinden, aber die Karre war intakt. Das Hotel lag in der gemäßigten Zone, etwas weiter westlich etwa auf Höhe Hanstings Ecke Main Street ist das Epizentrum: Elend, Gestank, Menschen liegen, torkeln, jammern, eiternden Wunden, dazwischen Drogenhändler mit Mountainbike und goldener Uhr, Szenen wie aus einem Weltuntergangsfilm. Geht da nicht hin.

Vancouver, wird es überschätzt? Nach meinem Dafürhalten schon, die Stadt ist ordentlich aber auch etwas steril, es gibt sehr viele Hochhausneubauten aber keine markante Skyline. Die schneebedeckten nahen Berge haben ihren Reiz, ebenso der sehr schöne Granville Island Public Market. Der Stanley Park punktet mit zahmen Waschbären, die lässig und von Menschen vollkommen unbeeindruck hier ihr Ding machen. Wer hektisch zum Fotoapparat greift, outet sich als Tourist.

Zahmer Waschbär im Stanley Park

Downtown Vancouver

Vancouver Alt vor Neu

Vancouver Neu vor Alt